Dienstag, 6. Mai 2014

Teil 3 - von Kopf bis Huf...

ein weiteres große Thema im Bereich Pferd ist die Wirbelsäule.. Herr Gerd Heuschmann nennt sie eine "Brückenkonstruktion" womit er sicherlich die richtige Wortwahl getroffen hat! Viele unter den Reitern wissen sicherlich gar nicht, das ein Pferd kein Schlüsselbein besitzt und die Vorhand lediglich über Muskeln, Sehnen und Bänder mit dem Brustkorb verbunden ist. Ebenso ist die Hinterhand knöchern "nur" über das Kreuz-Darm-Bein mit der Wirbelsäule bzw. mit den Darmbeinschaufeln verbunden, alles andere übernehmen Muskeln, Sehnen und Bänder... ich finde es enorm und bin immer wieder fasziniert von der Funktion und der kraftvollen Arbeit, die die Muskulatur übernehmen muss damit ein Pferd, als Reitpferd eingesetzt werden kann! Die Wirbelsäule ist in verschiedene Abschnitte unterteilt, wir haben die Halswirbelsäule mit 7 Wirbeln (der beweglichste Teil), dann die Brustwirbelsäule, die durch den Brustkorb kaum seitliche Bewegung zulässt mit 18 Wirbeln, dann kommt die Lendenwirbelsäule (6 Wirbel), dann das Kreuzbein (5 Wirbel, die erst mit 5 Jahren verwachsen sind und dann das Kreuzbein bilden) und nicht zuletzt 18-21 Schweifwirbel.
Nehmen wir uns mal die einzelnen Abschnitte vor... da wäre die Halswirbelsäule mit ihren 7 Wirbeln, der erste Wirbel (Atlas) ist quasi der Verbindungspunkt zwischen Kopf (am Hinterhauptsbein) und Halswirbelsäule, an diesem höchsten Punkt (Genick) ist innerlich gesehen der Übergang vom Hirn in den Rückenmarkskanal. Vom Hirn aus werden über das Rückenmark alle neurologischen Informationen ausgetauscht...das Hirn sendet dem Nerv im Huf die Information sich zu heben, das geschieht innerhalb von Sekunden, Information raus und zack Huf hoch... gigantisch oder? Aber weiter mit der Halswirbelsäule... der erste Wirbel und der Kopf sind so miteinander verbunden, dass hier lediglich eine Nickbewegung stattfinden kann, die erste Drehbewegung kommt aus dem Übergang vom ersten (Atlas) und zweiten (Axis) Halswirbel. Die restlichen Wirbel sind in der Lage sich zu biegen, drehen und auch gerne zu "verkanten" :-)... das können der erste und der zweite allerdings auch! Das Heben, Drehen, Senken, die seitliche Biegung oder auch das Verdrehen z. B. während ein Fohlen vom Euter der Mutter saugt, übernehmen die Halsmuskeln. Wichtig ist zu wissen, dass die tragende Muskulatur eines Pferdes erst ausgebildet werden muss, damit sich ein Pferd z. B. in einer Vorwärts-Abwärts-Haltung halten kann, dazu sind die Muskeln nicht ausgelegt, ebenso wie die Aufrichtung im Bereich der Dressur! Das sind alles Muskeln, die ein Pferd in seiner natürlichen Haltungsform nicht braucht, viele Reiter aber davon ausgehen, dass Pferde sowas "mal eben" halten können...die Folge daraus kennt jeder Therapeut...Übersäuerung der Muskulatur, Verspannungen, bis hin zu Nervenentzündungen!!! Möchte ich aber jetzt gar nicht weiter drauf eingehen. Weiter zur Brustwirbelsäule: 18 Brustwirbel, die einen Querfortsatz aber auch einen wesentlich größeren Dornfortsatz haben, ein Teil bildet den Widerrist. Hier finden die Rippen ihren Ansatzpunkt und die Brustwirbelsäule umschließt ebenso wie die Halswirbelsäule das Rückenmark. Zudem finden wir hier noch Zwischenwirbelscheiben (die meisten kennen diese wohl unter Bandscheiben). Im Bereich des Brustkorbs finden wir 8 sog. Tragerippen und 10 Atmungsrippen, die Rippen sind über Knorpel mit dem Brustbein (Sternum) verbunden. Sattellage: zwischen 9.-18. Brustwirbel! Wenn man sich die Brustwirbelsäule genauer ansieht, stellt man fest, dass die Wirbel in dem Bereich des Übergangs des Widerristes in den Rücken (ich hoffe das versteht jetzt jeder?!) sehr eng aneinander stehen, das liegt an der leichten, natürlichen Krümmung der Wirbelsäule. Hier gibt nun der Therapeut einen Denkansatz... Wenn man also bedenkt, das Pferde in der normalen Haltung fast den ganzen Tag über den Kopf am Boden haben und damit beschäftigt sind zu Grasen, werden dadurch die Muskeln, die aus dem Bereich des Rückens kommen, gedehnt und die Dornfortsätze quasi aufgestellt. Was passiert aber dann, wenn ich ein Pferd, dessen tragende Muskulatur im Bereich des Halses/Rücken nicht entsprechend trainiert wurde, in einer Aufrichtungshaltung oder schlimmer noch in eine Zwangshaltung reite??? Ok ich helfe nach... durch die "erschlaffte" nicht gedehnte oder gespannte Muskulatur (oder untrainierte) hängt die Wirbelsäule eher durch und die Wirbel können aneinander reiben, dieses Reiben führt zu schmerzhaften Entzündungen, Verspannungen der Muskulatur und ggf. kann sogar eine "Kissing Spine" Symptomatik daraus entstehen. Das ist eine ganz grobe Schilderung aber ich hoffe jeder versteht mich hier!!! Weiter zur Lendenwirbelsäule: Die Lendenwirbel haben im Gegensatz zu den Brustwirbeln sehr ausgeprägte Querfortsätze (also seitlich), auf ihnen bzw. an ihnen haften starke Bänder und Muskeln. Über die Querfortsätze erstreckt sich z. B. auch der lange Rückenstrecker (Longissimus dorsi), der seinen Ursprung an den Dornfortsätzen des Kreuzbeins, der Lenden- und Brustwirbel findet, re. & li. seitlich an der Wirbelsäule entlang läuft und u. a. am 7. Halswirbel seinen Ansatz findet... hmmm was heißt das nun genau??? Ist doch ganz einfach Ursprung (entspringt von) hinterer Teil des Pferdes, Ansatz (haftet an) 7. Halswirbel, wenn er sich kontrahiert (also zusammen zieht) hebt er den Kopf (unter anderem). Der Muskel liegt über den Querfortsätzen der Lendenwirbelsäule, was z. B. oftmals Probleme bei einem unpassenden Sattel bereitet, ist der Sattel zu lang oder die Pauschen nicht dem Pferderücken angepasst, entsteht in dem Bereich Reibung, welche ebenso zu Entzündungen führen und heftige Verspannungen auslösen. Ebenso wichtig ist der Übergang zwischen Brust-& Lendenwirbelsäule, durch viele Einflüsse können hier Blockaden entstehen, die Verspannungen und Entzündungen hervorrufen. Übrigens an dieser Stelle muss ich das nochmal loswerden: es gibt lediglich Blockaden im Wirbelsäulenbereich, es gibt kein "ausgerenkt" und ebenso kein "eingerenkt" überlegt mal bitte was wäre wenn ein Wirbel "ausgerenkt" ist??? Das war es dann mit dem "Pferdefreund" und der Abdecker kann hier seine Arbeit verrichten, da hilft auch leider kein Therapeut mehr... wir reden hier von "Blockaden", das sind Verschiebungen der Wirbelkörper durch falschen Zug der Muskulatur, nicht mehr und nicht weniger und hier ist es immer ratsam einen Therapeuten zu holen da sie alleine nicht verschwinden! So, das musst eich mal loswerden :-) Kommen wir nun zum Kreuzbein: Welches aus 5 miteinander verwachsenen Wirbeln besteht (der Prozess ist mit 5 Jahren erst abgeschlossen). Das Kreuzbein ist die einzige gelenkige Verbindung, über die Innenseite der Darmbeinschaufel, mit der Wirbelsäule. Den Rest übernehmen Muskeln, Sehnen, Bänder und Faszien! Der Bereich Lendenwirbelübergang zum Kreuzbein wird Lumbosakralgelenk genannt und ist nicht das ISG, was oftmals angenommen wird. Das ISG/Iliosacralgelenk ist eine unechte, Gelenkverbindung vom Kreuzbein/Darmbein (Kreuzbein=OS Sacrum, Darmbein=Os Illium. Unecht deswegen weil es kein echtes Gelenk ist sondern quasi eine "Verankerung" vom Kreuzbein in das Darmbein:
Also zurück zu den gelenkigen Verbindungen zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein, dem Lumbosacralgelenk, der Übergang ist sehr beweglich, hier wird dem Pferd ermöglicht den Rücken aufzuwölben und sein Becken im Galopp abzukippen. Nur wenn die beiden gelenkigen Verbindungen der Hinterhand (also Lumbosacralgelenk und das ISG) frei beweglich sind und die Muskulatur entsprechend gearbeitet, kann die Schubkraft aus der Hinterhand übertragen werden und das Pferd Last auf die Hinterhand aufnehmen (Hankenbeugung!). Dann haben wir noch die Schweifwirbel, die für die Balance eines frei laufenden Pferdes da sind. Ich hoffe meine kurz Zusammenfassung bringt ein bisschen Aufklärung :-) Bis zum nächsten Blog Eure Sandra Eichler